Hallo du,
vermutlich ist es dir nicht bewusst, aber ich habe mitbekommen, wie du mich betrachtest. Nur verstehen kann ich es nicht. Wahrscheinlich liegt da das Problem - auf beiden Seiten - und deshalb ist es mir wichtig, dir diese Zeilen zu schreiben.
Dass ich anders bin weiß ich schon lange und auch wenn mich das stört, finde ich mich eigentlich richtig. Trotzdem werfe ich mich der Kritik zum Fraß vor und spiele eine Rolle, die nicht zu mir passt. Wie ein Kind in High Heels mit Lippenstift und Perlenkette schlüpfe ich in eine Existenz, die vorne und hinten nicht zu mir gehört. Sprichst du mit mir, verstehe ich dich nicht und ich frage mich unentwegt, warum das so ist. Denn deine Worte sind deutlich und jedes einzelne von ihnen ist mir vertraut. Trotzdem ist die Art wie wir denken und sind so erschreckend gegenseitig, dass selbst ein Lächeln keine tragfähige Brücke konstruieren kann.
Wenn ich versuche, mit meinen Worten ein Bild zu malen, das dir das Problem vor Augen führt, habe ich keine Farben. Mein Kopf arbeitet permanent, um ein Ich zu schaffen, dass
deine Sympathien gewinnt und mit vollen Händen wegwirft, was mich eigentlich ausmacht. Und wenn ich mich frage, was genau zu der Frau gehört, die ich geworden bin, erwacht der Zweifel. Wer, wie und was bin ich wirklich? Wie oft habe ich mich selber übermalt, um einer Welt gerecht zu werden, die nur müde an mir vorbei starrt?
Dein Lächeln ist nicht so eindeutig, wie du es mir glauben machen willst. Kommunikation bedingt eine gewisse Gleichheit und die lässt sich nicht mit dem Pinsel auftragen. Es spielt keine Rolle, wie viele gesellschaftlichen Normen dir auf die Schulter klopfen, wenn sie keine Brücken bauen. Und vielleicht ist es nicht einmal mehr wichtig, dass wir einander wirklich verstehen, weil wir die Welt zwar aus den gleichen Augen, aber auf unterschiedliche Art und Weise betrachten.
Toleranz beginnt da, wo Farben an Bedeutung verlieren und künstliche Gleichheit nicht zum Gefängnis mutiert.
コメント