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  • AutorenbildNatalie Lehnert

Spazierflut

Wieder einen Tag lang funktioniert. In meinem Kopf tobt eine fette Party und mein Körper wird von einem Fieber erfasst, das wie eine hohe Welle über mir zusammenbricht. Heute Abend vor der Flimmerbox sitzen und zusehen, wie mein Gehirn gähnend den Stecker zieht? Netter Versuch.


Mein Körper schmuggelt das Adrenalin durch bebende Blutrutschen und klatscht begeistert über die Unruhe, die mich in Jacke und Schuhe packt und mich mit einem Tritt nach draußen befördert.


Ich angele nach meinem MP3-Player, der seit Monaten die gleichen Stücke runternudelt. Die einzige Abwechslung, die seinen Suizid verhindert, ist der Flirt mit dem Ladekabel. Jetzt aber irren wir beide mit vollen Akkus durch eine Gegend, die uns bis zum letzten Stein vertraut ist. Musik brüllt mir in die Ohren, die ohnehin nicht zuhören.


Durch meinen Kopf spazieren die Gedanken und wählen den blödsten von ihnen, der mir so sehr auf den Senkel geht, dass er kurzerhand Hausverbot bekommt. Durch die Hintertür schleichen sich die Tagträume herein, die von den Gedanken unverhohlen was auf die Mütze kriegen. Es beginnt ein Streit und ich schalte die Musik lauter, um endlich was von ihr mitzubekommen.


Denkste. Nicht nur ich habe Feierabend, die Konzentration nimmt das gleiche Recht für sich in Anspruch - nur dass sie das seit dem Frühstück tut. Jeder Hinweis auf eine Rechtspflicht ist vergebens, darin ist sie scheinbar besser als ich.


Und während mein Kopf sein Chaos achtlos in Schubladen wirft, beweist mir mein MP3-Player, das ich in einer Sache Unrecht hatte. Seine Akkus pumpen einen letzten Rest Energie, bevor der Sänger mitten im Lied meinem Irrtum zum Opfer fällt.


Um mich herum wüten die Reize. Geräusche stürmen ungefiltert meine Ohren und prügeln sich mit den Bildern, die durch meine Augen ungefragt wahllos in meinen Kopf gedrückt werden, bis er der Resignation nahe um Hilfe schreit. Mein Herz schlägt genervt gegen meine Brust, die sich erdrückt von den Reizen zurückzieht und den ganzen Frust zwangsläufig abfangen muss. Die Gedanken randalieren und beweisen Unproduktivität auf höchstem Niveau.


Jemand spricht mich an. "Endlich sieht man dich mal ohne diese verdammten Stöpsel in den Ohren."


Mein Mund bleibt still. Nur die Panik breitet sich wie gilftiges Gas in mir aus und packt zu.

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